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Oberbayerisches Volksblatt  25.6.2004
Eva Mayer

Inmitten des Saals erhebt sich der „Standort des elementaren bürgerlichen Traums": Vier dunkle Stellwände, jeweils mit einem mit Geranien geschmückten Balkon versehen, ergeben einen Innenraum, nicht mehr als eine Wohnzelle, dessen Wände in Neonbuchstaben die Grundstruktur eines Einfamilienhauses wider°©spiegeln: „Wohnen, Schlafen, Kind." Einem fünften Balkon, der an eine andere Galeriewand gestellt wurde, wird der Begriff „mit Bergblick" zugeordnet. Die Installation „Die eigenen vier Wände" in den Räumen der Kunst-Mühle des Kunstvereins Rosenheim, deckt Fragen von Entwurzelungsängsten auf.
Die Künstler Samuel Rachl und Angela Dauber kombinierten die Rauminstallation mit einer Performance, bei der die Balkone als Nahtstelle zwischen Innen und Außen die Aktionsbühne für ihre vorgetragenen Thesen, unter anderem zum Thema Heimat, bildeten. Die Aktionisten Carlton Bunce, Ruth Geiersberger, Jan Schulz und Ulrich Winko formulieren ihre Gedanken und Thesen zu den Themen Architektur und Ästhetik oder geben ihre Erfahrungen zum Zwiespalt zwischen Heimatlosigkeit und Heimatverhaftung wieder.
Die Frage, ob die eigenen vier Wände den Schutz gegen aktuell geschürte politische, ökologische und ökonomische Krisen bilden können, ist elementar. Die Geranien, vor allem in Bayern ein Symbol für Heimat und Bauernhausromantik, symbolisieren das Verlangen und die Sehnsucht nach Harmonie. Angela Dauber verarbeitet in ihren Texten genau dies, indem sie Gestaltungselemente des Kleingartenmilieus als Sinnbilder bürgerlicher Träume, wie ordnende Zäune, Ampeln, Biertische und Fahnen vorstellt.
Die Installation als Konzept einer Ausstellung als Ganzes ist großartig gelungen. So geht es um ein erfundenes Leben, nicht ohne Humor, Pathos und Zweideutigkeit der Texte, und um die Kontinuität einer Routine innerhalb eines Orts, den eigenen vier Wänden, an dem die Tragödie des Alltags stattfindet. Installation und Performance sind zusammengestellt als potentes Genre und als Projekt der Identität.
Samuel Rachls und Angela Daubers Arbeit zeigt den schleichenden Übergang vom Alltag einer kleinbürgerlichen Idylle hin zum Albtraum kontrolliert sauberer Vorstädte mit ihren genormten Häusern, dem gepflegten Rasen und den Abtrünnigkeiten, die sich innerhalb der eigenen vier Wände abspielen, was die Frage nach Schutz und Halt innerhalb dieser ins Absurde führt.

Kritik
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Fotos  Franz Kimmel
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