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tanzjournal Nr. 3 2004
Katja Schneider
Am 20. März beginnt der zweite Irakkrieg. Am selben Tag beginnt die Choreografin und
Performerin Angela Dauber ihre Aufzeichnungen München Bagdad … und beendet sie am 13. Juli 2003, dem Tag der konstituierenden Sitzung des
Regierenden Rates. "liege im Bett / flach am Boden / quadratisch im
quadratischen Zimmer / das Fenster ein Flügel geöffnet / hinter weißer Gardine / der Fernseher läuft" – mit gesteigerter Wahrnehmung verfolgt das Ich dieser Aufzeichnungen die mediale
Vermittlung des Kriegs und vernetzt Orte, Worte und Bilder, Repräsentationen des Kriegs, mit Assoziationen, Erinnerungen und Begegnungen mit
Personen und Texten, die wiederum andere Kontexte von Zeitgeschichte, von Krieg
und Zerstörung, eröffnen. Angela Dauber hat ein sehr persönliches Buch über den Irakkrieg geschrieben; unprätentiös genau ist darin von der Angst die Rede, die das Ich "nicht denken", nicht
teilen kann –
"mündlich / flüchtig / revidierbar / vorsichtige Annäherung".
Kritik
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“Ich kann die Angst nicht denken sie nicht teilen / die vor Ort / im Kopf / im Körper / die im Gedächtnis", heißt es zu Beginn der Aufzeichnungen. Nichts anderes jedoch versucht Angela Dauber,
Performancekünstlerin und Autorin in “München Bagdad", ihrem Tagebuch aus der Ferne. Über sechzehn Wochen hinweg, in denen Amerika mit einigen Verbündeten ein zweites Mal Krieg gegen Irak führt, ist sie passive Zeugin des Krieges: “Flugzeugrauschen nachts um vier / hoch über München ein schwacher rollender Ton" – vor laufendem Fernseher. Am 20. März beginnt sie zu schreiben und endet am Tag der konstituierenden Sitzung des
Regierenden Rates, dem 13. Juli 2003.
Auf der Folie der medialen Rezeption von "Iraqi freedom" entstehen Bilder und
Gegenbilder in der Tradition postmoderner Literatur: Privates und Öffentliches stehen gleichwertig nebeneinander – Alltagserfahrungen und Zeitgeschehen sind eng miteinander verwoben. Die
Begegnung mit Thea Weltner, einer Verwandten von Gustav Mahler und Überlebenden von Theresienstadt, fokussiert den Leser nicht nur auf die deutsche
Geschichte des 20. Jahrhunderts, sondern integriert leitmotivisch die Themen
Verstörung und Verlust.
“München Bagdad" ist ein sehr persönlicher Text, der – ausgestattet mit historischer Tiefenschärfe – auf verschiedenen Ebenen die Wahrnehmung(en) des eigenen aktuellen Seins
befragt.
Auch die “peeled photographs" der in Tel Aviv lebenden israelischen Künstlerin Maya Cohen Levy reflektieren unmittelbar die Themen Krieg und
Wahrnehmung. Cohen Levy gibt den zwei Wahrnehmungen des palästinensisch-israelischen Konfliktes einen gleichberechtigten Ausdruck in ihrer
Kunst. Sie versucht sich über die Beschäftigung mit islamischer Ornamentik, dem Feind wie einem Freund und zugleich
ihren Wurzeln zu nähern. Ihr Vater stammt aus Afghanistan, die Mutter aus Osteuropa, Überlebende der Shoah. Cohen Levy fotografiert die Bedrohung im Alltag, die
Angst, auch die Angst des Feindes. Und bearbeitet die Bilder, fügt ihnen Schnitte zu, “schält" sie.
Während Angela Dauber an “München Bagdad" schreibt, entstehen im Juni 2003 in der Nähe von München, in der Villa Waldberta, aus den mitgebrachten Aufnahmen viele der in
diesem Buch gezeigten “peeled photographs".
Klappentext
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