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Abendzeitung 23./24.2.2008
Michael Stadler
(…) Bei einem Jubiläum ist süße Nostalgie erlaubt, keine Frage, und auch wenn München sich nach
850-jährigem Bestehen modern zeigen will, darf der Brückenschlag in die Vergangenheit, auch was die Medien anbelangt, nicht fehlen.
Briefe will die Künstlerin Angela Dauber schreiben lassen, die Münchner können sich im Rahmen des Projekts „zwie sprach“ einen beliebigen Adressaten vorstellen und der Feder freien Lauf lassen
(Zusendungen an: Postfach 901127, 81511 München). Wer sich in Daubers mobiles Schreibbüro begibt, kann die Briefe der anderen lesen und bei Gefallen mitnehmen.
Projekte wie dieses sind das Salz in der Suppe im Kulturprogramm anlässlich des 850. Stadtgeburtstages, das gestern von Kulturreferent Georg Küppers und Mitorganisatoren vorgestellt wurde.
„Brücken schlagen“ lautet das Motto (…)
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3.Juni, Jakobsplatz …
Anne Kodura
(…) „… diese künstlerische Art mit dem Thema Kommunikation umzugehen finde ich spannend. Die
Energie und die Motivation müssen von zwei Seiten ausgehen, die, die schreibt, und die, die liest. Ich glaub’, ich versuch mich mal im Schwäbischen :“, so der Münchner Student Markus. Sein Freund Valentin und er sind zufällig auf das Briefmobil gestoßen und lesen und blättern gespannt in der Briefsammlung. Warum er sich für diesen Brief entschieden hat, könne Markus nicht so genau sagen, wohl eher aus dem Bauch heraus und nach der
Schrift ist er gegangen, ohne den Brief gelesen zu haben. Valentin hingegen läßt sich Zeit, liest und entscheidet sich für einen Brief mit Rotweinflecken. In regelmäßigen Abständen laufen zwei Polizisten Patrouille (…) Wir warten schon sehr lange darauf, daß wir die Synagoge von innen sehen können.“ Die zwei finnischen Damen sitzen auf einer Bank, vor der Synagoge, die von
einer KLagemauer umgeben ist. Vier Tage sind sie in München um die Stadt zu besichtigen. „Die Aktion der Frau ist sehr interessant, vielelicht schreiben wir nachher noch
einen Brief, aber jetzt geht das nicht, sonst verpassen wir die Führung“, antwortet die Finnin in gebrochenem Englisch. (…) Das rege Treiben geht langsam dem Ende zu. Herr W. schaut verträumt auf den immer leerer werdenden Platz. Einen Brief wollte er nicht schreiben,
er sei eh mit seinen Gedanken woanders. Damals war er der einzige Überlebende von fünf Geschwistern und seiner Familie. Lange stand der Platz vor seinem Geburtshaus
leer, aber nun schmücken die Synagoge und das jüdische Zentrum den damals von Bomben zerstörten Platz. (…)
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Fotos Karl Wallowsky Anne Kodura
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